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Castor 2006

Castor 2006: Rüchblick einer Clownin der Clandestine Insurgent Rebel Clownarmy

Hallilaloli:

Viel ist geschehen in der letzen Woche. Tage voller Erschöpfung haben sich aneinandergereit.

Ich bin von weither angereist und wohne doch nur ein Augenblick entfernt. ...aus einem Land das gleichzeitig in der Zukunft und in der Vergangenheit liegt. Im Alter und in der Jugend, im heute und im Gestern. Wie ein Kind habe ich gestaunt als ich hier ankam und die Menschen sah, die sich hier versammelt haben, um der Polizeiübermacht zu trotzen, wie ein Junge haben ich mich gefreut über die Energie und das Engagement der Leute hier, die sich nach jahrzehntelangem Protest immer wieder zusammentun, Pläne aushecken, Camps errichten, auf die Straße setzen... Bassikaden bauen... immer dieselben Bilder, dieselben Rituale, seit Urzeiten nun, nicht aufgeben, nicht zurückweichen von der unendlichen Übermacht der Schergen, die Heuschrecken gleich ins Land fallen...
Wie eine alte Mutter, die lächelnd im Schaukelstuhl sitzt und die Bilder vergangener Zeiten an sich vorüberziehen lässt, mit einem lachenenden und einem weinenden Auge, schaue ich auf die Ereignisse der letzten Zeit, die sich aneinanderreihen wie im Traum... Wendland ... so ein schönes Land: ein Traum!

... Sonne, blauer Himmel und Wärme: SchülerInnendemo! Viele Leute machen sich auf. Ich sehe viele lachenden Gesichter, das tut gut, jedes Lächeln gibt einen kleinen Stich im Herz vor Freude! Und da sind andere Clowninen. Woh, wie bunt die alle sind, aufgekratzt und aufgetakelt. Was ein Fest.
Sie tanzen alle. Musik ist da. Alles ist in Bewegung, bunte Fahnen flattern. ...Das wird spassig.


Gorleben; Aufmarsch

Woh, wieviele Menschen. Alles bunt. Wirklich alles was auf den Beinen ist im Wendland ist da. Und dazwischen viele Clowns und Clowninnen. Es wird verdammt schwer den Überblick zu behalten in dem Gedränge. Die Absprachen, die vorher getroffen wurden, funktioniern nur teilweise. Viele Gaggles (Clownkleingruppen) haben sich noch nicht richtig gefunden und dementsprechend mühsam wird die Kommunikation. Chaos, Kindergeburtstag, Klappsmühle und Hippifestival alles auf einmal! O je, mein Kopf, das kann ja heiter werden. Bei jedem Beamten bleiben gleich zehn zwanzig ClownInnen stehen und puscheln den erstmal ab oder sind behilflich die wendischen Äcker und Wälder zu säumen. Wir kommen nur langsam vorran, verliehren und finden uns wieder.
Aber dann: Marschieren, Armee sein: einreihen in die die bunten Reihen der Clownarmee. Kommandos werden gebrüllt, Ausfälle gegenüber den Reihen der Grünen werden durchgeführt, die ganz schön verwirrt reagieren. Spaliere werden gebildet, Bullen bekommen bunte Gesellschaft. An manchen stehen plötzlich mehr ClownInnen als Bullen.Was da aber geschützt werden soll, wissen selbst die Damen und Herren in Grün nicht, Gras, das nicht zertreten weren soll oder Äcker, wo angeblich furchtbar wertvolle Pflanzen wachsen, blööd eingezäunte Vorgärten. Schwierig wirds mit der Aufmerksamkeit der andern DemoteilnehmerInnen klarzukommen. Überall, wo Clown stehen bleibt gleich ein ganzer Mob mitstehen, wie wenn wir was besonderes wären, oder wie wenn wir endlich denen da es mal richtig zeigen würden.
Da zeigt sich erstmals die Schwäche einer größeren kollektiven Aktion: Alles was nicht vorher abgesprochen wurde, funktioniert überhaubt nicht mehr: in dem Gedränge und Gewusel ist es einfach nicht möglich sich zu beratschlagen.
Aber die Marschparodien funktionieren ganz gut und es macht unglaublich Spaß die Verwirrung auf den Gesichtern der Polizisten zu lesen. Es ist immer das gleiche Spiel, sie versuchen mit ihrer eingeübten Machtautomatik unser Spiel zu unterbinden indem sie entweder gar nicht darauf einzugehen versuchen, oder durch ihre Posen ausdrücken das sie "Herr der Lage sind" und es bleiben werden. Wodurch sie sich peinlichst unbewußt zur Schau stellen.

Spannend wirds dann aber beim Zwischenlager: Absperrgitter: Aber unbewacht. Die Menschen gehen auf der Straße und die Clownarmee auf dem abgesperrten Gehweg. Irgendwie typisch für den Herdentrieb der Menschen tröpfeln plötzlich einige hinterher und der Weg füllt sich, kaum Bullen. Irgendwann fallen die ganzen Absperrgitter um, werden umgerannt, oder landen im Wald. Einige Clowninen reihen sichein in die Reihen der Polizei und helfen diese wieder aufzubauen oder bilden eine Clownskette.

Später gibts ein Feuer auf der Straße: Überraschung!


Harlingen, Sonntag, 12.11.06

Der Müllzug hat Verspätung, was mir einen späteren Arbeitsbeginn beschehrt. Kein leichter Job, von soweither anzureisen, sich zur Äffin zu machen um die Leute zum Lachen zu bringen. Bin komplett durch von gestern und mehr als eine Narrenmütze Schlaf war auch nicht drin letzte Nacht. Alles tunt weh, Arme schwer, Beine wie Blei; Alles zu aufregend. Arme, kleine Clownin. Oh je oh je...

... Ankunft am Bauhof: Erste Polizeikette auf dem Feldweg direkt dahinter. Wir packen das Mars - TV aus (Fernseher aus Transpistoff mit matscheibenähnlichem Loch in der Mitte, zwei halten das vor die Polizeikette, einer kommentiert, bringt Nachrichten oder Werbung etc...) und spielen los -es wird witzig, weil die Bullen nicht weglaufen können und mitspielen müssen! Ein Kamerateam von ARD filmt mit. - Peinlicher Job als Bulle im Wendland, hoffe das spricht sich unter denen rum.
Die Polizei beginnt zu schupsen. Einer reist mich nach auf den Boden, als ich mich gegen ihn lehne, lässt mich aber wieder aufstehen ohne mich weiter zu traktieren. . Wir gehen weiter, marschieren, an endlosen Kolonnen von Polizeifahrzeugen entlang : Alle putzen, jeden Polizisten, jede Polizistin begrüßen,m blabla Polizeifahrzeuge werden belagert, geputzt.
Wir gehen bis Harlingen. Seltsame Begegnungen mit der Bevölkerung unterwegs, Scheint als ob es völlig normal wäre das hier plötzlich soviel Clowns rumlaufen. Dabei sind wir mörderisch aufgedonnert, grell geschminkt: Wendland - Hippiland?? Zumindest beim Castor scheint sich niemand mehr zu wundern.

Dabei ist mir gar nicht dannach lustig zu sein, bei dem massiven Aufgebot an Polizei. Wir brauchen lange bis die letzten Nachzügler unserer Gruppe eintreffen als wir schließlich auf der Wiese Dann Richtung Schiene : Frontgefühle stellen sich ein, Nahkampferwartung, Cop gegen Clownin, Puschel fester gepackt, schnell letzte Strategiedebatten aber alles kurz. Adrenalin und Co bekämpfen den letzten Rest Müdigkeit.

Frontgefechte:
Sind bald an den Schienen. Schwups: Und oben. Seltsam immer noch nach all den Jahren Castorprotest wie leicht es Mensch und Clown gelingt bei einer Besatzungsstärke von 16 000 Cops das ausgewiesene Niemandsland zu betreten und darin rumzuhampeln, hin - und her zu marschieren etc. Die Cops in der Unterzahl und überfordert. Die sogenannte "CLownarmee", hat sich mittlerweile aufgesplittet und kämpft mit einfachem Humor an verschiedenen Fronten gleichzeitig, einige mit heldenhafter Dummheit tief im Scharmützel der Blockaden, andere bringen Dynamik in die gleichförmige Automatik anmarschierender gegenerischer Verstärkung durcheinander, andere ClownIn gegen Cop im Nahkampf: einfacher Humor gegen einfache Gewalt. Die Peinlichkeiten der für die Bullen wiederholen sich, sie sind ja wie an der Schiene festgenagelt und können nicht fliehen. Eine Polizistin muß sich einer Hypnose mit anschließender Rückführung in die eigene Kindheit unterziehen, alles mit Mars - TV und Filmteam.

Allerdings finde ich, das die Leute hier viel von uns Clowns erwarten, gefährlich viel. Die sehen uns, glaube ich, eher als Volksbelustiger und Faxenmacherinnen, erwarten von uns das wir sie motivieren.
Das war in Harlingen deutlich als ständig Leute kamen und sagten: Macht doch das noch und geht doch noch dahin oder das wäre doch noch toll, wenn ihr auch bei uns noch rumkaspern kommt!
Oder wir werden eher als deeskalierendes Element in einer Gruppe wargenommen

Alle wollen halt lachen über uns und sehen weniger den ernsten Teil des Aktion: Wie weit muß es kommen, das Clowninnen aus dem geschützen Rahmen des Zirkus und des Theaters ausbrechen und sich Polizisten in den Weg stellen um zivilen Ungehorsam zu begehen. Warum machen die das?
Effektiv waren aus dem Landkreis grad mal eine handvoll Clowninen bei unseren Workshops dabei, der ganze Rest kam aus dem übrigen Deutsch - und Ausland.

Deswegen will ich auch nicht zu den Blockaden am Verladekran, weil mir völlig unklar ist was ich da will, keine Leute da kenne auch unsicher bin ob ich als Clownin da wirklich erwünscht bin. Das iwas da passiert ist ja eher ein und entschließe mich mit einigen anderen nach Laase zu fahren, dort zu spielen und in Kleingruppen oder alleine unterwegs zu sein. Unglaubliche Szenen dort, Feuerwerk, Lichter, Hubschrauber, Wasserwerfereisatz alles gleichzeitig....







Als der Castortransport drin ist bin ich irgendie traurig... Alle fahren wieder nach Hause... und ich?

Bleib hier?


Pulcinella



Wildwest im Wendland: Clownarmy auf Fronteinsatz in Hinkelhagen am 29.10.06

Sonntag nachmittag im Wendland. Während es sich der größte Teil der wendländischen Befölkerung in der warmen Stube zum Mittagessen mit Braten Knödeln und Rotkohl gemütlich macht, um danach dickbäuchig und biernuckelnd in den Fernsehsessel zu sinken um durch die viereckige Welt zu zappen, geschehen draußen in den Wäldern seltsame Dinge. Da wo sonst die Hirsche röhren, Wildschweine galoppieren und Pilzsammler unterwegs sind,treffen plötzlich zwei Armeen aufeinander, genau an dem Punkt an dem in knapp zwei Wochen hoffentlich nicht der nächste Atommülltransport durchrollen wird.
Was wollen die da?

Der Waldweg ist lang und matschig. Trotzdem eignet er sich gut zum Marschieren. Buntes Folk hat sich versammelt, das in erstaunlich gutem Timing sich der Castorstrecke nähert. Bunte Gesichter, Bunte Jacken, Uniformen, geflickt mit Stoffetzen, Blechhelme, bunte Schirme, Topfdeckel, Schellenbänder und mit viel Trara.


Dann plötzlich Stopp und flux geht es weiter auf die Gleise. Dort wird weiter marschiert. Dann in der Ferne eine Polizeikette die aufmarschiert und der verrückten Truppe den Weg versperrt, ruhig stehen bleibt: Erster Feindkontakt - oder sind es vielleicht Verbündete, die sich da im Nirgendwo treffen. Was wird da blos passieren? Oh je, Kann das gutgehen??

Eine Weile lang kehrt Ruhe ein in die Gruppe der Verückten ein, es wird verhandelt was weiter zu tun ist, wie ist die Situation einzuschätzen. Immerhin wurde sich tagelang auf diesen Moment vorbereitet. Aber bei der Chaotentruppe ist nichts Gutes zu erwarten, geschweige denn eine Einigung in Strategiefragen. Die einen wollten vor, die anderen zurück, wieder welche wollten gleich auf den Mond fliegen, die nächsten lieber Versteck spielen, welche begannen zu weinen. Oh je, oh je. Eine einzige blanke Katastrophe. Taktisch klug blieben aber alle ClownInnen irgendwie auf den Gleisen, hatte ja was von einer Straße im Gegensatz zum Wald. Gleistheater statt Straßentheater: Auch mal eine Variante. Es wurde getanzt gespielt und schließlich gabs auch körperlichen Kontakt: die beiden Armeen begannen sich zu mischen, Freundlichkeiten, Lächerlichkeiten und Gemeinheiten, derbe Knüffe und lustige Ranegleien begannen. Und immer wieder Gelächter und lustige Clownspiele, Umarmungsversuche: ClownIn will sich bekannt machen.
Das vom Lärm angezogene Folk schaute zuerst etwas verhalten zu und ließ sich dann aber auch darauf ein das sich die Clowns mehr oder weniger intensiver um die Freundschaft mit ihren neuen Kollegen in Schwarz kümmerten, sich an ihnen ausprobierten.

Schließlich begann es zu regnen, nein, eher aus Eimern zu kippen. Die ClownInnen vertrieben sich mit lauten "BUMM" - Rufen die Zeit sich gegenseitig zu erschrecken. Eine Antwort auf das schlechte Wetter vielleicht. Oder eine clowneske Traumaverarbeitung kampfgeschädigter Armisten. Das funktionierte auch gut bei den anderen.
Wieder andere suchten nach einem Plan und fanden sich plötzlich unter einer großen Plane: So scheint das Leben und die Sonne. Mittlerweile wurde eine ganze Bullenkette sammt Fahrzeug von Clowns eingekesselt, bei dem die Bullen nur verdutzt zuschauten. Dann begann wieder ein Marschierspielchen, bei dem die Bullen, wegen der häufigen Richtungswechsel Mühe hatten mitzukommen. Sie waren mittlerweile ganz schön auf Trap, die Kollegen in Schwarz. Aber kapiert hatten sie bereits das sie immer schön dicht neben den Clowns hermarschieren sollten. Das hatten die sicher vorher geübt.
Beim anschließenden Ballspielchen über die Castorgleise gabs dann aber Probleme mit den Spielregeln, die von den ClownInnen festgelegt wurden. Ich glaube da war ihnen die Algebra zu hoch. Die Bullen die auf dem Gleis standen, kapierten einfach nicht, das sie den Ball fangen sollten, sobald er von der einen Seite zur anderen geworfen wurde und verloren Punkt um Punkt. Also das müssen wir nochmal üben. Für Clownarmyanwärter aber schon mal eine ganz gute Leistung und ausreichend zur Teilnahme an der nächsten Aktion. 3 1/2 - würde ich mal sagen.
Toll war auch das sie so klasse bei dem Schupsspielchen mitspielten. Sport scheint ihnen schon eher zu liegen, obwohl sie ja nichts anderes machen mussten als jeweils ein Clown oder eine Clownin die gerade an der Reihe waren vom Gleis aus in die Clownmenge zu schupsen, wenn sie auf dem Bahndamm standen. Das ging gans schön lange und machte ihnen auch soviel Spaß, das sie gar nicht mehr damit aufhören wollten. So hätten wir uns das eigentlich immer gewünscht wird später in der regionalen Zeitung der Bullen -Häuptling zitiert. Finden wir auch. Das Spiel könnte ewig dauern.
Und zum Abschluß gingen sie noch ein ganzes Stück mit uns an der Castorstrecke spazieren, ganz ohne zu murren, so lieb waren sie.

Und da sie so lieb waren werden wir wieder kommen und ihnen beim nächsten Mal unseren Schnuckelbullenorden verleihen. Aber bringt Kaffee uns Kuchen mit. Und vielleicht bringen wir unseren Fernseher mit, dann schauen wir zusammen fern.
Wir lieben Euch...

Trainings wann/wo

3/4. November 10 - 18 h Bouffonworkshop in Berlin, Bethanien

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Zuletzt aktualisiert: 9. Dez, 02:03

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